Dienstag, 31. August 2010

Grenzenlose Mobilität?

In 'Larkin Terminal' beschreibt Christophe Fricker das Reisen als Existenzform der Gegenwart Leipzig (ddp direct) - Für den Mobilen ist Fortbewegung schon Leistung. Er ist nicht weg, aber immer woanders. Er hat überall Freunde, ist aber nie für sie da. Das geht, denn es geht heute fast alles, solange man sich organisieren kann: weiß, wie man ein Visum bekommt, und wo die nächste Bäckerei ist. Für Christophe Fricker ist Heimat der Ort, wo er die Reihenfolge der Ampelschaltungen an großen Kreuzungen kennt.

Christophe Fricker hat irgendwann angebissen und sich dem Dogma der Mobilität verschrieben. Zwischen seinem 20. und seinem 30. Geburtstag hat er siebenmal interkontinental seinen Wohn-, Studien- und Arbeitsort gewechselt.

Seine Erfahrungen hat er in Form von literarischen Reisereportagen verarbeitet, die im Herbst vom Leipziger Plöttner Verlag veröffentlicht werden. In 'Larkin Terminal' versammelt Fricker Geschichten eines sozialen Schleudertraumas, Stories über Orte und Menschen in Europa, Afrika, Asien und Amerika. Es ist aber auch ein Buch, das Momente des Anhaltens und der Gemeinsamkeit feiert: den Krug Wasser, der an einer Straße in Myanmar von einem zum anderen gereicht wird, den Tee, den die Frau eines englischen Dichters in Ohio serviert.

Fricker reist mit Gedichten, und immer wieder zu Dichtern: 'Aus solchen Augenblicken der neuen Zugewandtheit entstehen leichter Gedichte als aus dem Trott gleichförmiger Tage. Deshalb bin ich auf Reisen, denke ich mir. Und auch Dick Davis' Reisegedichte, die Gedichte vom unsteten Leben zeugen davon.' So erkundet 'Larkin Terminal' die therapeutische Kraft der Lyrik. Sinnlich, dicht und sprachlich variantenreich entsteht das Bild eine modernen Nomaden, der für das Wichtigste keinen Koffer braucht: die Poesie.

Christophe Fricker: Larkin Terminal. Von fremden Ländern und Menschen, Oktober 2009, Plöttner Verlag, ca. 140 Seiten, 16,90 Euro.

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