„Dass die deutsche
Kriegsforstwirtschaft wie selbstverständlich von der Verschleppung und
Ausbeutung ungezählter Menschen profitierte, ist bedrückend“, betont der
Forsthistoriker Dr. Peter-Michael Steinsiek. Am kommenden Freitag, 15.
Juni 2018, stellt der Autor auf Einladung des Vereins Spurensuche
Harzregion im Haus der Natur um 18.30 Uhr sein Buch über forstliche
Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs vor. Der Eintritt ist frei –
zahlreiche Gäste sind herzlich willkommen.
Am Beispiel von Harz und Solling
dokumentiert die Untersuchung, in welchem Ausmaß und unter welchen
Umständen zwischen 1939 und 1945 Zwangsarbeit in den staatlichen Forsten
auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen stattgefunden hat.
Nahezu in allen der untersuchten 40 Forstämter gab es Lager, in denen
Kriegsgefangene und zivile ausländische Zwangsarbeiter, in einigen
Fällen auch Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Der Bedarf stieg
mit zunehmender Kriegsdauer permanent an, weil der einheimische
Waldarbeiterstamm kriegsbedingt schrumpfte und zugleich die Nachfrage
nach Holz stetig wuchs. So ging es in der alltäglichen Arbeit um eine
„Leistungssteigerung“ mit allen verfügbaren Kräften, erklärte Steinsiek.
Über die Gefangenen sei verfügt worden, als handele es sich um
„Sachen“. Formale Gesetze und Verordnungen hätten diesen ein
ordentliches Verfahren oder gar Rechtsstaatlichkeit vorgegaukelt.
Die Zwangsarbeit im Wald war ein
bislang vernachlässigter Aspekt in der Aufarbeitung der Schrecken des
Nationalsozialismus. Die Studie kann nachfolgenden Generationen als
Gedächtnis dienen. Zeitzeugen werden immer rarer, daher ist es umso
wertvoller, dass das Buch ihre Aussagen für die Nachwelt sichert. Mit
der Studie wollen die Landesforsten, so ihr Präsident Dr. Merker, die
forstliche Zwangsarbeit erstmalig in einen größeren räumlichen
Zusammenhang stellen. Dazu habe Dr. Steinsiek zahlreiche neue Quellen
ausgewertet und Zeitzeugen zu den unmenschlichen Lebens- und
Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter befragt. „Die
Landesforsten kommen mit der Studie ihrer Verantwortung als heutiger
Flächeneigentümer nach. Der akribischen Recherche Dr. Steinsieks ist es
zu verdanken, dass wir dieses schreckliche Kapitel nun so aufarbeiten
konnten. Die Studie soll Mahnung für die Zukunft sein, dergleichen nie
wieder geschehen zu lassen, und sie soll den von Verschleppung,
Entrechtung und Demütigung Betroffenen ein Andenken bewahren“,
erläuterte Dr. Merker.
Dr. forest. Peter-Michael Steinsiek
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für
Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen. Er
forscht seit vielen Jahren zu verschiedenen forstgeschichtlichen Themen.
Sein Spezialgebiet ist die Forstgeschichte in den Jahren 1933 bis 1950.
Navi-Anschrift: Haus der Natur im Kurpark Bad Harzburg, Vortragsraum, Nordhäuser Straße 2e.
Eintritt frei.