Sonntag, 20. März 2016

Frauen von eigenständiger Sicherung im Alter weit entfernt

Tiefe Kluft zwischen Frauen und Männern bei der Rente

Der Lohnrückstand von Frauen ist in Deutschland mit konstant 22 Prozent sehr groß im europäischen Vergleich. Doch schaut man auf die Renten, fällt der Abstand noch weitaus gravierender aus. Das konstatieren Dr. Christina Klenner, Gender-Expertin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung,  sowie Dr. Peter Sopp und Dr. Alexandra Wagner vom Forschungsteam Internationaler Arbeitsmarkt in Berlin. In einer neuen Auswertung aktueller Daten aus dem WSI GenderDatenPortal haben sie dokumentiert, welche Unterschiede es bei der Alterssicherung zwischen Frauen und Männern gibt. Nach ihrer Analyse sind Frauen sowohl bei der gesetzlichen Rente als auch bei der betrieblichen Altersversorgung klar im Nachteil. Gleichzeitig profitieren sie stärker von Elementen des sozialen Ausgleichs im Rentenrecht, vor allem bei der Hinterbliebenenversorgung.

Die Rente sei damit ein "Spiegelbild der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten bei der Erwerbsbeteiligung", heißt es in der Studie, die heute als WSI-Report erscheint.* Dass Arbeitnehmerinnen schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen, häufiger in Minijobs oder Teilzeit beschäftigt sind und oft Auszeiten für die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen nehmen müssen, weil Männer hier weniger Zeit investieren, habe Folgen für die finanzielle Situation im Alter. Ausgleichsmechanismen wie die Anrechnung von Erziehungszeiten könnten diese Schieflage nur zum Teil korrigieren.

Betrachtet man alle eigenen Alterssicherungseinkommen aus gesetzlicher Rente, privater Vorsorge und Betriebsrenten, zeigt sich eine erhebliche Lücke zulasten von Frauen. Klenner, Sopp und Wagner zitieren Berechnungen der Rentenexpertin Brigitte Loose, denen zufolge der "Gender Pension Gap" 2011 bei 57 Prozent lag. Im Osten, wo Frauen traditionell häufiger berufstätig sind, war die Kluft mit 35 Prozent deutlich kleiner als im Westen mit 61 Prozent. Langfristig zeigt sich ein Trend zur Angleichung zwischen den Geschlechtern: 1992 betrug der Unterschied in Deutschland noch 69 Prozent.

Als gesetzliche Altersrente erhielten Frauen 2014 durchschnittlich 618 Euro, Männer 1.037 Euro. Das entspricht einer Differenz von über 40 Prozent. Wesentlich besser schneiden Frauen bei den Hinterbliebenenrenten ab: Witwen bekommen mit 592 Euro im Schnitt etwa doppelt so viel ausbezahlt wie Witwer. Der Grund: Die Rente des verstorbenen Ehepartners war bei den Witwen in der Regel höher als bei den Witwern, die eigenen Altersbezüge, die auf die Hinterbliebenenrente angerechnet werden, fallen bei den Frauen geringer aus. 

Erheblich zurück liegen die Frauen bei der betrieblichen Altersvorsorge: 2011 bezogen 25 Prozent der männlichen und sechs Prozent der weiblichen Ruheständler eine Betriebsrente der Privatwirtschaft. Die Zahlungen waren mit 574 Euro bei den Männern im Schnitt fast dreimal so hoch wie bei den Frauen. Zumindest bei der Reichweite zeichnet sich aber eine Änderung ab: Aktuell erwerben 46 Prozent der Arbeitnehmerinnen und 51 Prozent der Arbeitnehmer Ansprüche in der betrieblichen Altersvorsorge der Privatwirtschaft. Im öffentlichen Dienst geht es schon jetzt ausgeglichener zu. Männer und Frauen erhalten hier ähnlich oft Leistungen aus einer Zusatzversicherung. Allerdings beziehen die männlichen Rentner durchschnittlich 392 Euro, die weiblichen nur 250 Euro. Bei den staatlichen Zulagen für die Riester-Rente haben die weiblichen Sparer die Nase vorn, was vor allem mit der Kinderzulage zusammenhängen dürfte.

Angesichts der Unwucht bei den Rentenbezügen überrascht es nicht, dass Frauen etwas häufiger als Männer auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind. 2014 waren 314.000 oder 3,2 Prozent der Frauen über 64 und 201.000 oder 2,7 Prozent der Männer betroffen. Ausschlagegebend für die seit Jahren kontinuierlich steigende Zahl ist der Analyse zufolge das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente - bei gleichzeitig steigendem Grundsicherungsniveau.

Zumindest in einer Hinsicht stehen Frauen deutlich besser da als Männer: Sie beziehen wegen der höheren Lebenserwartung im Schnitt fünf Jahre länger Rente. Bei den Hinterbliebenenrenten ist die Zahl der weiblichen Leistungsberechtigten auch deshalb ungleich höher, weil viele Frauen jünger als ihre Ehepartner sind. 

Alles in allem sei die Rentenlücke angesichts steigender Frauenerwerbstätigkeit und stärkerer Anerkennung von Erziehungszeiten zuletzt zwar kleiner geworden, resümieren Klenner, Sopp und Wagner. Es sei aber noch viel zu tun. Notwendig für eine eigenständige Alterssicherung wären Verbesserungen bei den Erwerbschancen im Allgemeinen und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Besonderen. Zudem gehörten die Rentenreformen des vergangenen Jahrzehnts auf den Prüfstand: Die Kürzungen bei der gesetzlichen Rente hätten das Risiko der Altersarmut erhöht, das Drei-Säulen-Modell sei insgesamt gescheitert und habe die Geschlechterunterschiede zum Teil sogar verstärkt. Empfohlen wird die Rückbesinnung auf eine gesetzliche Rente, die sich an der Sicherung des Lebensstandards orientiert.

*Christina Klenner, Peter Sopp, Alexandra Wagner: Große Rentenlücke zwischen Männern und Frauen, WSI Report 29, März 2016. Download: http://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_29_2016.pdf  

Zum Report gibt es einen Tabellenband mit allen Daten: http://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_29-1_2016.pdf  

Samstag, 19. März 2016

einblick 5/2016

Prüfstein soziale Gerechtigkeit

Nach den Landtagswahlen vom 13. März erwarten DGB und Gewerkschaften, dass bei den Koalitionsverhandlungen die Interessen der ArbeitnehmerInnen hohe Priorität haben.
(Seite 1)

So haben Gewerkschaftsmitglieder gewählt
Gewinner der Landtagswahlen vom 13. März ist fraglos die rechtspopulistische AfD. Aus dem Stand heraus konnte sie in allen drei Ländern zweistellige Prozentanteile bei den WählerInnen für sich gewinnen.

(Seite 3)

Mutterschutz reformieren
Die Regierungsfraktionen arbeiten weiter daran, ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzulösen. Einen Reformvorschlag zum Mutterschutzgesetz hat das Bundesfamilienministerium nun in einer zweiten Fassung vorgelegt. DGB und Gewerkschaften reagieren mit Zustimmung – und mit Kritik.

(Seite 5)

Haltung zeigen und die AfD entzaubern
Welche Konsequenzen aus den Wahlergebnissen am 13. März gezogen werden sollten, hat der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann analysiert.
(Seite 7)

www.einblick.de 

Dienstag, 15. März 2016

HARZ März 2016

Der Grabenwärter – ein Traditionsberuf wird fortgeführt, Benneckenstein im Mittelalter (Teil 1), Die Schankwirtschaft „Alter Krug“ in Lerbach, Ein Goldbach sollte es mal werden, Meine Kindstaufe in Uehrde, Neue Serie: Harzer Künstlerpostkarten (Teil 1), Nachruf auf Hans-Günther Griep, Dr. Kison, der Wald und die Spinnen … Forschungskolloquium im Kloster Drübeck
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Clausthal-Zellerfeld. Auch heute noch gibt es Grabenwärter, die die Gräben des Oberharzer Wasserwirtschafts-Systems regelmäßig ablaufen. Sie kontrollieren sie auf Hindernisse aus Windwurf oder andere mögliche Verstopfungsursachen und betätigen bei Hochwasser die Schleusen der Fehlschläge. Zu Zeiten des Bergbaus war dies eine existenziell wichtige Arbeit, die auch einiger Erfahrung bedurfte, denn genügend Wasser musste zum Betreiben der Gruben immer verfügbar sein.
 
Das alte Benneckenstein entstand an einer frühmittelalterlichen Wegeverbindung, dem Thüringerfurt-Weg. Es liegt an der früheren Diözesangrenze zwischen Halberstadt und Mainz, die später abgelöst wurde durch die Grafschaftsgrenze zwischen Regenstein und Honstein, und im heutigen Dreiländereck Niedersachsen/Thüringen/Sachsen-Anhalt. Bodenfunde belegen eine erste Besiedlung in den Ortsteilen „Klippe mit Wildenberg“ und „Unterstadt“ ab dem 11. Jahrhundert. In den folgenden Jahrhunderten erfuhr der Ort diverse Teilungen, bis er 1741 von Friedrich II wieder vereint und mit den Rechten einer preußischen Stadt ausgestattet wurde.
Rainer Kutscher beschreibt die Geschichte des „Alte Krug“ genannten Lerbacher Hauses, in dem auch der Mineralwasserfabrikant Wilhelm Fritz Gärtner, genannt „Selter Fritz“, wohnte.

Der Goldbach bei der Burg Regenstein sollte wohl als Flößgewässer und Antriebsenergie für diverse Mühlen einmal viel Gewinn bringen, nennenswerte Goldmengen wurden darin jedenfalls nicht gefunden.
 
Eine kleine Anekdote erzählt in Platt von einer Kindstaufe in Uehrde. Es folgt der erste Teil unserer neuen Serie über Harzer Künstlerpostkarten, in dem die Anfänge dieser Postkarten beschrieben werden.
 
Das Nationalparkforum berichtet über das Forschungskolloquium, das im November 2015 im Kloster Drübeck stattfand. Anlass waren sowohl der 65. Geburtstag von Dr. Hans-Ulrich Kison, Initiator des Waldforschungsprogramms im Nationalpark Harz, über das hier berichtet wurde, als auch die Präsentation des Bandes 13 der Schriftenreihe aus dem Nationalpark Harz, der sich mit den Spinnen des Nationalparks beschäftigt (wird im nächsten Heft vorgestellt).
 
UNSER HARZ kann an folgenden Stellen erworben werden (noch bequemer ist ein Abonnement):
Altenau: GLC-Touristinformation
Bad Harzburg: Haus der Natur, Nordhäuser Str. 2B
Bad Sachsa: GLC-Touristinformation am Kurpark
Clausthal-Zellerfeld: Grosse´sche Buchhandlung, Adolph-Roemer-Str. 12, und Oberharzer Bergwerksmuseum, Bornhardtstr. 16
Drübeck: Klosterladen im Gärtnerhaus
Goslar: Buchhandlung Böhnert, Kaiserpassage
Sankt Andreasberg: Stadtbuchhandlung Stille, Dr. Willi Bergmann-Str. 1.
 
Anl. Foto frei mit dieser PI: Hans-Günther Griep, der verdiente Harzer Haus- und Heimatforscher, dessen im vorliegenden Heft gedacht wird - er verstarb 2016. Foto Jutta Görke.
 
Herausgeber:
Schriftleitung UNSER HARZ
Brigitte Lippmann
Ringstr. 30G
38678 Clausthal-Zellerfeld
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Tel. 05323 718474